Sitzung des Rats der Stadt Laatzen am 16.12.2024

Rede zur Verabschiedung des Haushalts 2025

Jedes Jahr wieder, wenn der Haushalt zur Genehmigung ansteht, reiben wir uns verwundert die Augen – das Defizit ist schon wieder gewachsen?? Ist das eine Laatzener Problematik oder Symbol einer nicht funktionierenden Kommunalfinanzierung? Bevor uns die Opposition erklärt, dass es an der Mehrheitsgruppe liegt, ohne zu erläutern, was sie signifikant anders machen könnte, hier zwei Infos zur Einordnung:

  • Statistisches Bundesamt: Die Ausgaben der kommunalen Haushalte wuchsen im 1. Hj. 2024 um 9%, die Einnahmen aber nur um 3,3% – dies ergibt ein bundesweites Defizit von in Summe 17 Mrd.€ im 1. Hj., was eine Verdopplung ggü. 1.Hj 2023 bedeutet. Im kleinen Maßstab sehen wir diese Effekte auch in Laatzen, allerdings haben wir bei weitem keine Verdopplung des Defizits zum Vorjahr!
  • Unsere Nachbarkommune Hemmingen – mit deutlich einkommensstärkerer Sozialstruktur und CDU-geführt – hat gerade den Haushalt beschlossen: ein „Rekorddefizit“ von 7,2 Mio bedeutet bei wesentlich kleinerem Haushalt ein Defizit von 13%, in 2026 werden 15% erwartet. Laatzen erwartet für 2026 18%, das ist auf fast gleicher Höhe trotz der deutlich unterschiedlichen Sozialstruktur mit den daran hängenden finanziellen Lasten. Also auch unter CDU-Führung scheinen die Probleme nicht einfach lösbar zu sein. Oder liebäugelt man hier mit der Kettensäge des argentinischen Präsidenten?

Aber was sind die Ursachen der kommunalen Finanzmisere?

  • Land und Bund verursachen einen Teil des Problems durch Verlagerung von Aufgaben auf die Kommunen, ohne ausreichende Finanzierungsbeiträge zu mitzuliefern, z.B.:
    • Ausweitung Wohngeldanspruch => Die Wohngeldzahlungen werden erstattet, aber der stark gestiegene Verwaltungs- und Personalaufwand nicht
    • Nur teilweise Erstattung gesetzlich vorgegebener Aufgaben, z.B. 2,4 Mio Unterhaltsvorschuss nach UVG, wovon nur 60% vom Land erstattet werden. 
    • Oder 13,9 Mio für KiJu-Hilfe, von denen die Region 80% erstattet
    • => allg. gilt: wer die Party bestellt, muss sie auch bezahlen!
    • Zu ergänzen an dieser Stelle ist die unsägliche Entscheidung, die Laatzener Projekte von „Demokratie leben“ ab 2025 nicht mehr zu fördern. Und das in einer Bedarfskommune mit Einwohnern aus 119 Nationen! In der aktuellen politischen Situation ist dies eine vollkommen falsche und unverständliche Entscheidung! 
  • Äußere Einflüsse wie inflatorische Kostensteigerungen, z.B. für Löhne & Gehälter, Versicherungen, Reinigung, Gebäudebewirtschaftung, lfd. bauliche Unterhaltung…
  • Hohe Neubautätigkeit der 70/89er-Jahre führt heute zu vielen Ersatzinvestitionen, dazu kommen Pflichtinvestitionen in Schulen und Kitas. Dies führt zu stark zunehmender Zins-/Tilgungslast – ca. 13 Mio Zinsen in 2028. 
  • Die Landespolitik „reagiert“: Im Schreiben der Nds. Innenministerin Behrens vom 17.10.24 wird die Genehmigung der Pflichtinvestitionen zugesichert. Aber davon verschwindet das Defizit nicht! 
  • Aber wir müssen auch selbstkritisch sein: es gibt interne Kostentreiber, z.B. die Entwicklung des Stellenplans: Die Personalstellen in der Verwaltung stiegen seit 2018 +37% auf über 400 Stellen an! Aus Sicht der Grünen Fraktion muss künftig eine Begrenzung des Zuwachses erreicht werden – in Zeiten permanenter Defizite muss gegengesteuert werden, auch wenn es wehtut!
  • In diesem Zusammenhang: wir haben 29 Stellen in den Teams IT sowie Digitalisierung, dazu kommt im Haushalt geplanter Mehraufwand für Digitalisierung 2025-28 von 1,7 Mio – wo sind die positiven Effekte der Digitalisierung? Die hohen Investitionen in die Digitalisierung müssen mittelfristig helfen, den Stellenplan der Verwaltung zu begrenzen, wenn nicht sogar wieder zu reduzieren. Die Effekte der Alterspyramide in Verbindung mit dem Fachkräftemangel werden das sozialverträglich ermöglichen.

Kommen wir zur AG Haushalt

  • Die Einrichtung der AG wurde letzten Dezember beschlossen, um die Haushaltkonsolidierung voranzutreiben, dazu haben mtl. Sitzungen der AG stattgefunden
  • Alle Vorschläge der Vergangenheit zur Haushaltskonsolidierung wurden nochmals besprochen, aber wenig Potential gefunden: 13 Maßnahmen, die in 2025 200T€ bringen, dies wächst jährlich an auf 400T€/a in 2027, in Summe 1,2 Mio € über 4 Jahre, also rd. 300T€/a
  • Zusätzlich wurde ein Prozess zur strategischen Konsolidierung (SWOT-Analyse) gestartet, dazu gehört insbesondere die Wachstumsfrage Laatzens, z.B. durch die Entwicklung des Hellux-Geländes. 800 zusätzliche Einwohner würden zusätzliche Steuereinnahmen bringen und den Laatzener Einzelhandel stärken – aber benötigen Infrastruktur wie Kitas und Schulen. Dies muss gegeneinander abgewogen werden, daher haben wir einen Antrag zur Einführung einer Folgekostenberechnung erstellt, um eine Abschätzung von finanziellen Erträgen und Aufwendungen des Wachstums durch neue Baugebiete zu ermöglichen.
  • Wir Laatzener Grünen sehen auch potentielle Ertragschancen, z.B. den Ausbau der Windenergie mit Erlösen für die Kommune und Bürger. Das Nds. Windgesetz, im April d.J. verabschiedet und von der Grünen Landtagsfraktion vorangetrieben, sieht die Beteiligung von Kommunen (0,2 Ct. / kWh) und Bürgern (0,1 Ct. / kWh) vor. Für Kommunen bedeutet das ca. 30T€/a pro neuinstalliertes Windrad. Dies ist ökonomisch, aber v.a. auch ökologisch sinnvoll. Vor dem Hintergrund der vielfältigen Krisen ist das Thema Klimaschutz leider an den Rand der politischen und gesellschaftlichen Diskussion gedrängt worden – wir fordern verstärkte Bemühungen für den Ausbau von Windenergie und Photovoltaik sowie die schnelle und konsequente Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung in den Laatzener Quartieren!

Fazit

Die finanziellen Probleme Laatzens haben eine erhebliche Dimension, aber noch haben wir unsere Handlungsfähigkeit i.W. erhalten. Wichtig sind uns Laatzener Grünen: 

  • Erhalt und Ausbau der Infrastruktur, 
  • Förderung des sozialen Zusammenhalts und der Integration sowie die Stärkung der demokratischen Prozesse
  • Erhalt von Umwelt und Natur
  • die ökologische Transformation der städtischen Energieversorgung und ein verstärktes Engagement für die Klimaanpassung, zB durch Entsiegelung und Wassermanagement
  • die Umsetzung der Verkehrswende mit Radwegen und Parkraum-Management
  • sowie Erhalt und Ausbau der Gemeinwesenarbeit in den Quartieren

Viele dieser Punkte sind im Haushalt berücksichtigt, für weitere werden wir uns vehement einsetzen. Die Aufstellung des Haushalts erfordert eine umfangreiche und akribische Arbeit vieler Mitarbeiter der Verwaltung, für die wir uns ausdrücklich bedanken. 

Wir sind natürlich nicht zufrieden mit der finanziellen Situation, aber aufgrund der genannten positiven Aspekte stimmen wir dem Haushalt zu – und fordern die Opposition auf, erstmalig seit 2021 dem ebenfalls zuzustimmen – denn: Laatzen hat die gemeinsame Verantwortung aller demokratischen Kräfte verdient!